You are currently viewing Musikblog goes social  – Was ist eigentlich Mainstream und warum?

Musikblog goes social – Was ist eigentlich Mainstream und warum?

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein
  • Beitrags-Kommentare:2 Kommentare

Musik ist stark von Trends und Modeerscheinungen beeinflusst. Genauso wie Mode selbst oder die Beliebtheit von Vornamen. Doch wie kommt es dazu?

Diese Frage hat mich nach meinem vergangenen Post „Was hörst du denn so?“ intensiv beschäftigt. Die Frage, ob etwas „Mainstream“ ist, also dem allgemeinen, kommerziellen Geschmack entspricht oder eben nicht, hat da einen sehr grossen Einfluss. Immer noch.

Ich habe mich schon oft gefragt, warum und wie sich mein Musikgeschmack so entwickelt hat, wie er eben ist. Grundsätzlich gehöre ich eher zu den Menschen, die Musik abseits des Mainstreams hören. Derek Tompson hat in seinem Buch „Hit Makers – Aufmerksamkeit im Zeitalter der Ablenkungen“ (erschienen als E-Book im September 2017) ein paar eindrückliche Theorien dazu aufgestellt. Wie zum Beispiel: „Manche Menschen fühlen sich zu Dingen hingezogen, weil sie erfolgreich sind. Manche Menschen lehnen Dinge ab, weil sie erfolgreich sind“ („Hitmaker“, S. 148). Und genauso ist es auch.

Doch wohin gehöre ich eigentlich? Ich kann nicht oft genug sagen, dass ich einfach höre, was mir  gefällt. Ich sehe mich in keiner Schublade. Will mich jetzt aber auch nicht freisprechen davon, für Manipulationen nicht unempfänglich zu sein. Auch ich lasse mich gelegentlich vom Mainstream beeinflussen. Und auch ich habe favorisierte Musikstile. Dennoch: Mit der Zeit habe ich meines Erachtens einen unabhängigen Musikgeschmack entwickeln können. Es konnten noch so viele meiner Freunde oder Bekannte von bekannten Musikern vorschwärmen. Ich konnte die Songs noch so häufig im Radio hören – wenn ich sie als schlecht empfand, wurden sie durch die Wiederholung auch nicht besser.

Wiederholung in der Musik

Die Wiederholung ist aber tatsächlich ein herausstechender Aspekt, was Musik betrifft, und zwar in unterschiedlichsten Belangen. Also Wiederholungen in Songs, zum Beispiel von eingängigen Melodien oder Refrains natürlich. Oder allgemein Wiederholungen von Songs, wie man sie von bekannten Radiosendern kennt. Das hat auch Derek Tompson erkannt: „Wiederholung ist ein trügerischer Trick, sie ist das Gottesteilchen der Musik“ („Hitmaker“, S. 84). Selbstverständlich ist Wiederholung wichtig, um einen Song aufzubauen und eine Hook zu generieren oder einen Refrain. Ohne geht es fast nicht.

Lieblingssongs können wir oftmals zig-Mal hintereinander anhören – da bin ich auch keine Ausnahme. Mit der Zeit hat man auch so seine Präferenzen und hört viele Bands/Musiker/Songs immer wieder. Laut Tompson sogar 90 Prozent der Zeit, welche wir mit Musikhören verbinden (S.84). Ja, der Mensch ist ein Gewohnheitstier.

Auch für mich muss ein guter Song gewisse Kriterien erfüllen. Auch ich habe eine Art „Schema“ im Kopf, bereits gehörte Lieblingssongs, die wie eine Art Gradmesser fungieren. Dennoch: Ich suche eigentlich immer nach etwas Neuem. Einer neuen Finesse, einer neuen Melodie, einem anderen Arrangement, was dennoch Bekanntes einbauen kann. Das sind dann für mich die wahren Musikgenies, die genau das können, nämlich einen eigenen Stil entwickeln, und daraus immer wieder neues zu kreieren. Man erkennt sofort, dass es sich um die Band XY handelt, trotzdem wurde Altbewährtes mit Neuem verbunden.

Was ist Mainstream?

Die Frage danach, was eigentlich Mainstream ist, führt mich wieder zum Element der Wiederholung. Wie Tompson in seinem E-Book beschreibt, wurden die Billboard-Charts in den USA lange manipuliert und verfälscht. Er sagt, dass viele Musiklabels die Radio-DJs gezwungen hätten, bestimmte Platten / Künstler zu bevorzugen. Angeblich hätte sich das Anfang der Neunziger Jahre geändert. Dort hätte sich herausgestellt, dass Hip Hop ja populärer war, als zunächst angenommen. Und die Leute unabhängig von der Setlist der Radiosender diesen Musikstil mögen würden. Nur: Als das bekannt wurde, ist Hip Hop noch beliebter geworden („Hitmaker“, S. 85-87). Das altbekannte Phänomen des: Was andere gut finden, das mag ich auch. Mainstream eben.

Wenn ihr mich fragt, und das ist meine ganz persönliche Theorie: Die Mehrheit der Leute wird immer noch manipuliert. Die meisten populären Musiker werden von ihren Musiklabels mit einer aufwendigen Marketing-Maschinerie bekannt bemacht bzw. bekannt gehalten. Die neuen Alben entsprechend beworben und die Songs in die Charts gebracht. Wer einen x-beliebigen Radiosender hört, weiss, was ich meine. Es laufen ständig dieselben Songs und Künstler, teilweise mehrmals am Tag.

Was jemanden wie mich nervt, hinterfragen viele leider nicht. Wie ich weiter oben schon angemerkt habe, wird folgender sozialpsychologischer Ansatz ausgenutzt: Was andere gut finden, das finde ich auch gut. Und wenn mein bekannter Lieblingsradiosender und TV-Anstalten einen Song rauf und runter spielen, MUSS er doch gut sein. Das ganze potenziert sich soweit, dass immer mehr Leute eine gehypte Band toll finden, und auch derjenige welcher kein Radio hört, dann durch seinen Freundes- und Bekanntenkreis beeinflusst wird. Der Geschmack von anderen wird zu ihrem Geschmack.

So funktioniert der Mainstream von heute. Es ist vielen nicht bewusst, wachsen sie doch heute mit TV-Shows wie DSDS auf, wo Nobodies zu Stars erklärt werden. Und tausende Teenies ohne zu hinterfragen voll auf die Maschinerie anspringen. Jedoch genauso schnell wieder abspringen, bis der nächste kommt. Es ist eine oberflächliche, nicht nachhaltige Methode, mit Musik Geschäfte zu  machen.

Etliche der Bands und Musiker die ich schätze, sagen Mainstream-Liebhabern nichts. Äusserst selten werden Songs im TV oder Radio gespielt, wenn überhaupt, nur in Nischensendungen und zu unpopulären Uhrzeiten. Trotzdem ist die Szene „lebendig“, wie Musikliebhaber unserer Sparte allesamt wissen. Woran das liegt, da kann ich nur mutmassen. Ein wichtiger Faktor ist sicher die Leidenschaft für Musik, welche diese Community vereint. Die berühmte Mundpropaganda trägt auch viel bei, heutzutage verstärkt durch Social Media.

Die Marketing-Keule ist kein Garant für Erfolg

Derek Tompson wirft hier auch ein, dass es abseits des Mainstream Menschen gibt, für die eine gewisse Qualität der Musik wichtig sei. Dies erläutert er am Beispiel von Lady Gaga, dessen drittes Album sich mega-schlecht verkauft hat. Das Label hat trotzdem oder gerade deshalb ordentlich die Marketing-Keule geschwungen, gebessert haben sich die Zahlen dennoch nicht („Hitmaker“, S. 147). Es scheint somit, dass die Verbreitungsstrategie kein Garant für Erfolg sein muss.

Meine favorisierte „Musikszene“ bewirbt sich in der Regel selbst. Zum Glück gibt es Social Media, etliche Musikblogs und immer noch etliche Musikzeitschriften, die zur Bekanntheit beitragen. Und meist sind solche Musiker auch bestrebt, qualitativ hochwertiges zu produzieren, hinter welchem sie stehen können. Und nicht bloss CDs damit verkaufen wollen, sondern ihren Fans wirklich etwas bieten möchten.

Steven Wilson ist für mich so ein Paradebeispiel: Er macht  schon seit Jahrzehnten Musik, der kommerzielle Durchbruch blieb jedoch bisher aus. Obwohl er in der Szene schon früh eine ziemliche Grösse war. Die Qualität seiner Musik ist offensichtlich – ob man seine Musik nun mag oder nicht, ist natürlich etwas anderes (wie er ja in dem Interview, zitiert in meinem Blog-Post, selbst sagt). Sein letztes Album „To the Bone“ (2017) ist das wohl bisher kommerziell erfolgreichste Album. Nur: irgendwie redet immer noch niemand darüber. Wenn, dann auch  nur als Randnotiz, als Fakt, den sich niemand erklären kann.

Mir ist es auch ein Rätsel, warum Steven Wilson immer erfolgreicher wird, aber die „Mainstream“-Medien ihn trotzdem ignorieren. Aber ich werte es als Hoffnungsschimmer und Beleg von Tompsons These: Dass die Menschen doch auch abseits des Mainstream in der Lage sind, gute Musik zu erkennen. Im folgenden Online-Artikel thematisiert der „Guardian“ genau dieses Phänomen, jedoch meiner Meinung nach ohne zu einer Antwort zu kommen: Steven Wilson: the prog rocker topping the charts without anyone noticing (The Guardian, 24.08.2017)

Nun, auch ich komme mit diesem Post nicht „der Wahrheit“ auf die Spur. Über das Thema kann man wahrlich Bücher schreiben! Aber ich hoffe, ich konnte den Begriff des Mainstream zumindest ansatzweise erklären. Vielleicht mache ich irgendwann ja noch einen Post zum Thema. Nämlich 😉

What if I say I’m not like the others?
What if I say I’m not just another one of your plays?
You’re the pretender In time our soul untold 
I’m just another soul for sale, oh well


https://www.youtube.com/watch?v=SBjQ9tuuTJQ

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Magdalena Bohn

    Echt spannend. Ich gehöre wohl zu denen, die Dinge anfangs immer erst ablehnen, weil sie erfolgreich sind. Aber wahrscheinlich auch einfach, weil ich so oft die Erfahrung gemacht habe, dass Noname sosososo oft besser ist.
    Mit unseren Blogs können wir auch optimal das Augenmerk auf kleinere Künstler und Talente lenken. Ganz unabhängig vom Trend 🙂

    1. BiancaB

      Das ist wohl wahr! Ich bin auch erstmal skeptisch, wenn etwas erfolgreich ist. Versuche schon auch die Musik zu finden, die noch "unentdeckt" ist und den Erfolg verdient hätte! Und unabhängig vom Kommerz…. Wir müssen auf jeden Fall am Ball bleiben 🙂

Schreibe einen Kommentar