Dass Sam Fender Potenzial hat, habe ich bereits in meinem jüngsten Beitrag angedeutet: Sam Fender – Playing God with guitars. Zwar kenne ich den talentierten Briten noch nicht lange. Doch: Alles was ich höre, ist einfach unglaublich gut. Aber, f***, der Gute ist nicht einmal Mitte Zwanzig! Und sein Auftritt im Papiersaal in Zürich war einfach unglaublich – inwiefern genau, ist schwer in Worte zu fassen. Warum, erkläre ich euch gleich.
Zunächst folgt die unumgängliche Support-Band. Weshalb „unumgänglich“? Die war nämlich superklasse, die Überraschung des Abends! „The Pale White“ besteht aus fünf Iren, welche lässigen, Seventies-inspirierten Indie-Rock machen. Eine erste Recherche ergab: Die gibt`s ja schon seit den Neunzigern?! Nun denn, die halbe Stunde war definitiv zu kurz und ich setze die Jungs auf meine To Hear-List. In der Zwischenzeit empfehle ich euch die Lektüre von ihrer Website: The Pale White.
VON VERSTIMMTEN GITARREN UND VERTRÄUMTEN FANS
Endlich zur Hauptperson dieses Konzertberichtes: Sam Fender machte es nur wenig spannend und startete mit wenigen Minuten Verspätung. Die ausverkaufte Show und die ihn anhimmelnden, vornehmlich weiblichen Fans (zumindest in der ersten Reihe) deuten auf eine bereits jetzt solide Fangemeinde. Ich bin mehr oder weniger ohne Erwartungen zum Konzert, wie sooft bei Neuentdeckungen – eine gewisse Erwartungshaltung entwickelt man ja erst mit einigen Alben. Da Sam bisher nur einige EPs und Singles veröffentlichte, liegt logischerweise (noch) nicht viel Material vor. Die Setlist war zwar übersichtlich, dafür sehr erlesen: Mein erster Eindruck ist übertroffen. Und das trotz einer verstimmten Gitarre – denn der Singer-Songwriter und seine Mitstreiter hatten unglaublich gute Laune.
VON ZERBERSTENDEN EIERN & VERTAUSCHTEN ZAHNBÜRSTEN
Alleine die Laune der Band zeichnete dieses Konzert jedoch nicht aus. Es war definitiv die Nähe zum Publikum, welche Sam problemlos aufbaute. Auch hier, als hätte er nie etwas anderes getan. Dazu beigetragen haben sicherlich die Anekdoten aus seiner Jugend, in welcher Sam mit seinem Bandkollegen, ähem, „unschuldige Supermarktbesucher“ seiner Heimatstadt mit Eiern bewarf. Ebenfalls ein wenig eklig, aber ebenfalls lustig, die Story zu den vertauschten Zahnbürsten auf Tourreisen, mit demselben Kumpel. Genial. Sowas liebt jeder. Zwar war er – zumindest für mich – teils schwer zu verstehen, was an seinem ausgeprägten britischen Arbeiterklasse-Dialekt lag. Aber eben, die Essenz habe ich ja (hoffentlich) verstanden.
VOM UNGLAUBLICHEN CHARISMA EINES EINFACHEN JUNGEN AUS NORTH SHIELDS
Das Gute an dem (noch) wenigen Songmaterial: Die Wahrscheinlichkeit ist enorm, dass die persönlichen Favoriten auf der Setlist stehen. Der Nachteil: Die Konzerte fallen oftmals kurz aus. So auch mit dem Brit`s Critic-Choice Award-Gewinner: Von *Dead Boys* bis über *Play God* war alles dabei. Alle Songs kannte ich bis dato nicht, inzwischen dafür umso mehr! Denn live haben mich auch die anderen Stücke gleich überzeugt. Allen voran *Start Again* oder *Waiting for Love*. Kaum zu Hause angehört, fühlten sie sich wie jahrelange Lieblingssongs an. Was mich am meisten beeindruckte, war sein unglaublich starkes Charisma – so wie man es von grossen, talentierten Musikern kennt. Ein Schönling à la Brad Pitt stand dem Publikum nicht gegenüber – dafür ein junger, selbstbewusster, geerdeter Künstler, der eine grosse Karriere vor sich hat.
Was soll ich sagen: Gäbe es den Begriff *Homme Fatale*, Sam Fender hätte ihn verdient. Neben persönlichen Anekdoten, kurzen Dialogen mit anwesenden Briten im Publikum („Hey man, what the hell are you doing HERE?“), war insbesondere sein Blickkontakt heftig. Viele Musiker schauen bei Ihren Auftritten eher ins „Leere“ oder viel mehr in die Weite der Halle bzw. des Clubs. Doch ich bin sicher, es lag nicht bloss an der Clubatmosphäre: Zwischen den Songs wanderte sein Blick immer wieder zu den Menschen, auch mir sah er in die Augen… Mit einer Intensität und Ausstrahlung, das man fühlt: Der schaut NUR MICH an. Ein Blick, mit dem er wahrscheinlich so einige Frauenherzen fesseln und brechen kann.
EINES DIESER KONZERTE
Fazit: Es war eines dieser Konzerte. Eines, welches viel zu schnell vorbei war und man nicht einmal auf die Uhr schaut. Weil es so geil war. Einziger Kritikpunkt war tatsächlich die fehlende Zugabe. Aber es sei jetzt mal dahin gestellt, dass dies am Clubbetreiber lag, schliesslich war ja Freitagabend und die nächste Party stand in den Startlöchern. Aber es lag sicher nicht an Sam 😉
Zum Mitschwärmen gibt`s für euch meinen neusten Lieblings-Sam-Song, *Start Again*. Wir sehen uns auf der nächsten Tour, vermutlich in einer doppelt so grossen Halle!
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Pic: Privat
Sam Fender – *Start Again*