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Tool ist cool – Progressive Metal im Hallenstadion Zürich

Ja, Tool sind alleine deswegen schon cool, da sie im vollklimatisierten Hallenstadion in Zürich spielten. Sagenhafte 13 Jahre haben sie bis dato pausiert und jedes Bandmitglied eigene Projekte (oder Bands, wie A Perfect Circle von Maynard James Keenan) verfolgt.  Die grosse Frage lautete also: Haben sie es immer noch drauf oder spielen gelangweilt ihre Hits runter?

Der Eintritt ins Hallenstadion war erstmal eine Wohltat, angesichts der Hitzewelle der Woche. Somit drohte zumindest wegen der Temperaturen kein Kollaps, wenn, dann im besten Falle vor ekstatischer Freude. Nun, ich möchte hier zunächst den Support von Tool erwähnen: Fiend. Für mich noch unbekannt und dennoch eine mehr als würdige Vorband – hat nicht jede Rockband in ihrem CV. Unglücklicherweise habe ich nur noch Sitzplätze in den mittleren Rängen bekommen und tröstete mich mit dem Gedanken – es hätte ja noch schlimmer sein können (war auch der einzige Trost). Denn somit waren die Bandmitglieder nicht wirklich im Detail zu erkennen, und Ferngläser sind ja leider verboten. Aber darauf gehe ich später noch ein.

Was ein Heptagon mit Tool zu tun hat

Das weiss ich zwar spontan auch nicht – es prangerte zumindest bedeutungsschwanger über der Bühne. Als ich darüber rätselte, weshalb eigentlich, verdunkelte sich die mit Tool-Shirt-tragenden Menschen gefüllte Halle komplett. Sehr cool: das Heptagon leuchtete neonfarben und verschob sich ein wenig in Richung des Publikums.  Es geht spannend weiter: das Flüstern Maynards kündigte den Opener des Konzertes an: Ænema. Der Szene bekannt als vermutlich DIE Progrock-Hymne schlechthin (hier geht`s zu meinem persönlichen Songreview). Hier offenbarte sich direkt die Idee der Bühnenshow: Jeder Song präsentierte sich mit dem dazugehörigen Video,  und das projiziert auf mehrere Leinwände.

Ein gelungener Querschnitt in vielerlei Hinsicht

Bei einer langen Bandgeschichte wie Tool ist die Frage berechtigt: Wie sieht wohl die Setlist aus? Zumal seit der letzten Tour und dem letzten Album 13 Jahre verstrichen sind. Antwort: Besser ging es nicht. Tool boten einen perfekten Querschnitt der letzten drei Alben: Ein Hit nach dem anderen, von *The Pot* über *Schism*, *Parabola*, *Forty Six & 2*… Ja, da stellten sich vermutlich einige Härchen im Publikum auf. Einfach nur genial war das synchrone Headbangen auf den Stehplätzen – wenn tausend Köpfe im Gleichklang nicken, ist das ein gutes Zeichen für ein gelungenes Metal-Konzert (und das, obwohl Tool nicht grade für ihre eingängigen Takte bekannt sind).

Das war denn auch einer der wenigen Vorteile meines Sitzplatzes, für den ich eigentlich ein Fernglas gebraucht hätte (was ja zu den verbotenen Gegenständen im Hallenstadion gehörte, nein, ich verfluche es nicht). Somit gehörte die Nähe zur Band den vordersten Stehplätzlern und den Fotografen im Bühnengraben. Nunja, Artnoir sei Dank konnte ich zumindest ein paar Details erhaschen (hier geht`s zum wirklich guten Konzertbericht mit Fotos!): Maynard`s mehr als punkiges Outfit, mit Springerstiefeln und bunten Iro PLUS schräger Bemalung kann nicht jeder tragen! Aber immerhin, der Iro war derart stachelig frisiert, dass ich noch die Umrisse erkannte (**wasmansichnichtalleseinredet**).

Zurück zur Setlist: Der Plan der Jungs ging auf. Im typischen Tool-Stil, also episch (jeder Song mindestens 10 Minuten oder länger), anfangs psychedelisch, bis hin zu den härteren Songs, welche kurz vor Schluss Ihren Auftritt bekamen. Die surrealen Videos, für welche sich Gitarrist Adam Jones verantwortlich zeichnet, werden ebenso krasser und zeigen beispielsweise Querschnitte eines Embryo-ähnlichen Wesens. Ich wage die These, dass der “Schock” bei den Anwesenden dennoch ausgeblieben ist – wer Tool kennt, ist über die Videos bestens im Bilde.

Ein neues Tool-Album – klar, vera… kann ich mich selber

Seit geschätzt mindestens einem Jahr hiess es jeden Monat: Nächsten Monat erscheint das neue Tool-Album (nachzulesen beispielsweise auf visions.de: Maynard zum neuen Tool-Album). Mich persönlich nervte das  immens, spätestens ab der 5. Meldung. Egal – die Band höchstselbst setzte kurz vor Ende des Konzertes einen Break ein, und ein Countdown von 12 Minuten erschien über der Bühne. Und jetzt? Jaaa, Pinkelpause! Bier, Eis, was auch immer um sich abzukühlen – so langsam tropfte der Schweiss (beinahe) von der Decke.  Aber hey: Statt eines fulminanten Feuerwerks (ich durfte ja schliesslich keines in die Halle mitnehmen) enthüllte sich das Erscheinungsdatum des neuen Meisterwerks nach 10`000 Days: der 30. August dürfte ein besonderer Tag für alle Fans der Prog-Metal Rocker sein. Die Vorstellung der neuen Songs *Descending* und *Invincible* waren vielversprechend und in typischer Toolmanier.

Einen Knaller zum Abschluss lieferte Maynard James Keenan: “Thank you Zurich! This city has always been like a second home to us. You‘re now allowed to take out your cell phones and film this next song if you want.”

Wohooo, hat er das grade wirklich gesagt?! Nach einem ersten Schockmoment riss ich wie viele andere mein Handy in die Höhe. Das Verbot war aufgehoben!! Aaaber, ich muss sagen, das Publikum hat sich wirklich vorbildlich dran gehalten. Und doch: Ich sehnte mir plötzlich wieder den Fotograben herbei… Nuuuun ja, man kann nicht alles haben. Zumindest konnte ich noch das Heptagon erwischen, sowie ein paar Videoeffekte… Ach Mann, es war ein sch… Platz.

Tool – die unkopierbaren Meister des Progressive Metal

Fazit des Abends: Ein wahr gewordener Traum eines jeden Metal-Fans. Jeder weiss: Alben und Touren gibt es wenige. Doch Tool schaffen es seit bald drei Jahrzehnten ihre Anhänger mit anspruchsvollen und sozialkritischen Songs sowie ihrem ganz eigenen Stil zu überzeugen – erst recht live zu performen. Die Band versteht es einfach, mit ihrer Musik Geschichten zu erzählen. Ich für meinen Teil hoffe, dass die Jungs noch lange nicht in Rente gehen und bereite mich innerlich darauf vor, eine Plattenkritik zum Album zu schreiben. Dann wird es wieder heissen: Wer hat schon das neue Tool-Album verstanden?

Zum Abschluss dieses Berichtes gibt es den Schlussknaller *Stinkfist*, ein Video, das mit über 27 Millionen YouTube-Klicks für Tool-Verhältnisse zwar recht gering ist. Deshalb gibt es als Goodie einen Evergreen, welchen ich mir noch gewünscht hätte: *Sober*, mit mehr als 50 Millionen (!!) Klicks. Kein anderer Song spiegelt mein Innenleben der 90er besser wider – und von geschätzt 40 Millionen anderen genauso. Hoffentlich bald wieder. Also in 10 Jahren?

Tool – *Sober*

[…]

There’s a shadow just behind me
Shrouding every step I take
Making every promise empty
Pointing every finger at me

[…]

I am just a worthless liar
I am just an imbecile
I will only complicate you
Trust in me and fall as well

[…]

Tool – *Stinkfist*

[…]

It’s not enough.
I need more.
Nothing seems to satisfy.
I said
I don’t want it.
I just need it.
To breathe, to feel, to know I’m alive.
Finger deep within the borderline.

[…]

Bild: Privat

Tool – *Sober*

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